Gestartet bin ich mit Vereinskamerad Marc am Pfingstsonntag (8. Juni), nachdem wir den Mast gelegt und uns in der Gastronomie gestärkt hatten. Vier Uhr ist eine gute Zeit und wir erreichten kurz nach acht den oberen Warteanleger der Schleuse Lehnitz, wo wir übernachteten.
Um 6 Uhr 40 fuhren wir die bekannte alte Route, also Oder-Havel-Kanal über das Schiffshebewerk Niederfinow, die Schleuse Hohensaaten bis Gartz, dort hatten wir nach 144 Kilometern dreiviertel der Strecke geschafft. Leider hatte dort keine Gaststätte geöffnet, so dass wir uns aus den eigenen Vorräten versorgen mussten. Hier gab es eine kleine Schwierigkeit, die ich vorab nicht wusste: Marc verträgt keine Milchprodukte und wir mussten feststellen, dass vieles was ich für den ersten Abschnitt der Fahrt eingekauft hatte, von ihm nicht gegessen werden konnte, z.B. Kartoffelsalat oder Kartoffeln und Quark oder auch Käse. Aber es gab genug, was Marc auch gut vertrug und wir mussten nicht darben.
Schon um halb zwölf am 10. Juni machen wir im AZS / Stettin fest und stellen den Mast; zwei Stunden später steht er und alles wird eingerichtet und festgespannt.
Bereits am nächsten Tag segeln wir bei NW Wind bis 20 kn (5 Bft) über den Dammschen See, auf der Oder müssen wir leider motoren, da der Wind genau von vorne kommt... bis Trebiecz (Ziegenort), dort machen wir kurz vor fünf fest; Marc stattet dem örtlichen Lädchen für einige Einkäufe einen Besuch ab, die Kombüse bleibt jedoch zu Gunsten eines örtlichen Imbiss unbenutzt.
Nach einer Saison und zwei Motorfahrten von und nach Stettin tanken wir 114 l Diesel – ohne Bioanteil (das soll Dieselpest verhindern). Bei schwachem Wind geht es über das Stettiner Haff, vorbei an Ueckermünde, eines der möglichen Ziele der Überführung mit Marc, nach Karnin, wo wir neben der Malena, einem wunderschönen 70 Jahre alten schwedischen Küstenkreuzer, festmachen. Bereits 2024 hatten wir Melanie und Hendrik kennengelernt und tauschten Fotos unserer Boote aus. Herzliches, überraschendes Wiedersehen!
Von Karnin ging es zur Zecheriner Brücke und dann hoch am Wind durch das enge Fahrwasser bei gut 5-6 Beaufort hinter einer, laut Yardstikliste schnelleren X 302 her. Sie konnte den Abstand nicht vergrößern, erst auf der folgenden Vor-Wind Strecke fuhr sie uns langsam aber sicher weg. Auch nach 53 Jahren ist mein Hanseat 70 noch immer ein gutes schnelles Schiff.
Nachdem wir die Wolgaster Klappbrücke passiert hatten, machen wir in dem netten Hafen Karlshagen fest. Hier gibt es bei dem Fischhändler am Hafen frischen Dorsch, der dann in die Pfanne wandert. Lecker, lecker.
Die letzte Etappe der Überführung mit Marc ist schnell erzählt: Wir segeln in knapp 4 Stunden nach Greifswald Wiek und am nächsten Tag tuckern wir den Fluss Ryk hoch und nachen im Holzteich der Hansewerft an einem der wackligen Stummelstege fest.
Hier in Greifswald bleibt der Sturmvogel vom 17. bis zum 29.Juni. Nachdem Marc bereits am Sonntag nach Berlin gefahren ist, reise auch ich nach Berlin um meinen Geburtstag und das Sommerfest im Segelverein zu feiern.
Am Montag den 30. Juni fahre ich mit Freund Jürgen in seinem Mercedes zurück nach Greifswald auf den Sturmvogel, Jürgen fährt am nächsten Tag weiter. Dann wollte ich mein Klapprad vom Bahnhof abholen: Es fehlten Sattelstange und Sattel. Wie gemein! Eine Sattelstange mit dem größeren Durchmesser kann ich bei einem ansässigen Fahrradladen bestellen, zwei Tage später ist sie schon da. Meinen gewohnten Terry Sattel bestellt Chrissie für mich in Berlin.
Am Mittwoch den 2. Juli lege ich ab und segle und motore nach Thiessow, wo ich hinter der Melena, die ich bereits in Karnin traf, festmache. Herzliches Wiedersehen.
An einem Mittag, ich schaue gerade auf und durchs Fenster, da steht meine Partnerin und langjährige Mitseglerin Chrissie auf der Pier, Überraschung, sie ist mit Bahn und Bus angereist. Wir verbringen einen Abend mit Melanie und Hendrik von der Melena mit netten Gesprächen und Wein. An einem regnerischen Tag reist Chrissie wieder ab, ich begleite sie im Bus bis Binz, wo sie in den Regional Express steigt. Es folgt noch ein musikalischer Abend mit Jan, einem begnadeten Gitarristen, der seine Gitarre mitbringt, und mir. Immer wieder besuche ich den langen Strand um mich im Wasser abzukühlen und etwas zu schwimmen.
Am 9.Juli segle ich wieder über den Greifswalder Bodden nach Wiek, am nächsten Tag verhole ich in den Holzteich der Hanse Werft – Greifswald. Hier kann ich günstig und bequem eine Maschine Wäsche waschen und trocknen.
Meine Hausgenossin Noémie Fantôme kommt am 11.Juli an Bord. Am nächsten Morgen legen wir ab und mir unterläuft ein klassischer Fehler: Ich vergesse das Stromkabel und es reißt aus dem Stecker. Die freundliche Stegnachbarin zieht ihn ab und wirft ihn mir zu. Wir passieren die Wieker Klappbrücke um 11 Uhr, verlassen den Fluß Ryk durch das Sperrwerk und finden hohen Seegang und 6 Bft. Vor. Noémie wird blass und ich kehre um, wir machen in Wiek fest. Eine gute Entscheidung, wir besuchen die Klosterruine Eldena in einer Regenpause und genießen ein Fischbrötchen bei der Fischereigenossenschaft.
Der nächste Tag bringt handigeres Wetter mit Wind aus Ost 3-4 Bft; wir legen ab mit Ziel Stralsund. In der Einfahrt zum Strelasund läuft ein unangenehmer Schwell auf, den die Segel vor Wind nicht ausgleichen können. Noémie wird seekrank. Nach der Passage der Ziegelgrabenbrücke will ich anlegen und benötige in der engen Steganlage der Nordmole von Stralsund deutlichen Schub vorwärts und … der Schub bleibt aus und wir treiben an den Steg in Lee, werden von zwei netten Nachbarn aufgefangen und in einen der freien Liegeplätze gelotst.Vielen Dank!
Was ist los: der Motor läuft wie gewohnt gut aber das Getriebe übertägt die Kraft nicht auf die Welle mit der Schraube, jedenfalls wenn die Kraft plötzlich und zuverlässig benötigt wird, in engen Hafensituationen und bei Wind. Am nächsten Tag schaue ich das Getriebe an, prüfe Ölstand und sehe bereits im Leerlauf, dass es manchmal nicht in vollem Umfang die Drehung der Kurbelwelle des Motors überträgt.
Auf Grund dieses Getriebedefekts ist es nicht mehr möglich den Törn wie geplant über Hiddensee fortzusetzen. Ich finde eine Firma in München, die ZF (Zahnradfabrik Friedrichshafen) Wendegetriebe testet und repariert. Da ich bereits vor vielen Jahren ein gebrauchtes gekauft hatte werde ich das testen lassen – eine Reparatur ist mangels Ersatzteilen nicht mehr möglich. Ich werde es also testen lassen und wenn es OK ist, hier an der Küste einbauen lassen. So ist der Plan.
Am Mittwoch den 16. Juli also legen wir ab, passieren die Ziegelgrabenbrücke und segeln vor Wind durch den Strelasund, über den Greifswalder Bodden, alles bei sehr gutem sommelichen Weter und handigen 3-4 Bft. aus West. Am Nachmittag machen wir nach 30 sm in Karlshagen und Überraschung: auch hier treffe ich die Malena mit ihrer Crew wieder.
Das Getriebe wurde vorsichtig geschaltet und langsam beschleunigt und hielt durch. Ich werde von hier mit der Bahn nach Berlin fahren, das Getriebe aus dem Keller nach München zur Überprüfung schicken und eine Werft an der Ostseeküste suchen, die es tauschen kann, sofern es nicht auch defekt ist.
Also: Es ist unklar, wie die Reise weitergeht, wann der Sturmvogel wieder zuverlässig flott unter Motor manövrierbar wird … .
Soweit meine Schifsmeldung ich wünsche allen Segler/innen und Freund/innen faire Winde, gutes Wetter … einen schönen Sommer.
Herzliche Grüße von Ralf