Meldung des Sturmvogel von seiner Reise 2023
Vom wohl weitesten Punkt der diesjährigen Reise, Kloster auf Hiddensee melde ich mich mit herzlichen Grüßen an Freunde, Bekannte und Kameraden, männliche, wie weibliche.
Mit an Bord auf diesem Törn sind Heide und der kleine Hund Laile.
Wir starten am 14. Juni im SVSt und machen am 17. Juni mittags im AZS bei Stettin fest. Wir brauchen gute drei Tage. Sofort stellen wir den Mast. Schon am nächsten Tag legen wir nach einem heftigen Regenschauer ab und machen am frühen Abend in Ziegenort im Yachthafen fest. Leider umgibt den Yachthafen ein Zaun, der zwar einige Zugänge hat, aber wir kommen uns dennoch wie eingesperrt vor.
Also weiter, bereits nach knapp 15 Meilen machen wir in dem schönen Ort Altwarp fest. Hier bleiben wir einen Tag, immer wieder wettern wir Regen ab, so etwa unter einer Eiche auf einem Spaziergang.
Nächte Station ist Ueckermünde. Hier können wir den Liegeplatz von meinem Freund Rolf nutzen, der gerade zu seinem Törn nach Schweden aufbricht. Wir verholen durch die Straßenbrücke zu der Werft Baars an der Uecker. Am nächsten Tag fahren wir mit dem Zug nach Berlin. Er ist überfüllt, wir haben Glück und bekommen noch zwei Sitzplätze – um uns herum stehen die Fahrgäste wie die Heringe, an einem Freitag Nachmittag.
Nach fünf Tagen wieder zurück an Bord des Sturmvogel, kaufen wir noch ein und machen uns auf den Weg nach Westen über das Oderhaff. Nächster Stopp ist Karnin ein kleiner netter Hafen mit Imbiss, wo auch das Hafengeld kassiert wird.
Weiter gehts nach Krummin, auf Usedom am Krumminer Wiek einem sehr schicken Hafen und in Hafennähe ein sehr uriges Gartencafe. Außerdem, auch in Hafennähe die sehenswerte Kirche vom Ort.
Durch die Wolgaster Brücke kommen wir nach Peenemünde Nord. Der Hafen wurde in einem alten Hafenbecken der Marine eingerichtet. Starkwind und Sturmvorhersagen für die nächsten Tage, lassen uns am Sonntag den 2.Juli um 5 Uhr 30 dort ablegen; wir nutzen eine zahmere Phase des Starkwindes aus, um nach Rügen zu gelangen.
Superschnelle Fahrt von mehr als 7 Knoten bei halbem Wird mit stark gerefften Segeln und ca. 1 Meter Welle. Gegen 7 Uhr stehen wir direkt vor der Einfahrt von Thiessow, als plötzlich die niedrig stehende Sonne durch die Wolken bricht und im Wasser gleißend, einen Blick auf die nötigen Ansteuerungstonnen unmöglich macht. In diesem Augenblick sitzen wir auf Grund. Alle Manöver alleine los zu kommen schlagen fehl, so daß ich einen Panpan Notruf über Seefunk absetze. Die Notrufzentrale in Bremerhafen benachrichtigt einen Rettungskreuzer in Lauterbach. Während der knappen Stunde die wir warten müssen, wird der Sturmvogel immer weiter auf das Flach gesetzt – wir haben auflandigen Wind und hohe Wellen – wir werden immer wieder von Wellen überspült und liegen sehr schräg. Dann kommt der Rettungskreuzer, übergibt uns eine Trosse, die wir auf den hinteren Festmachenklampen belegen und zieht uns erst langsam, dann aber schnell von der Untiefe herunter. Inzwischen ist die Sonne hinter Wolken verschwunden und wir können klar die Tonnen und die Einsteuerungsmerkmale sehen, laufen – begleitet von dem Rettungskreuzer – nach Thiessow, wo wir glücklich festmachen und den fünf Rettungsleuten danken. Sie wurden für den Einsatz aus den Betten geholt, es ist Sonntag. Aber, was ist mit meinem Boot, gibt es Schäden? Vielleicht sogar strukturelle? Ich rufe meine Versicherung an, die mir raten das Ruder und den Kiel anzuschauen, wenn es geht mit einem Bootsbauer. Es folgen Sturmtage im Hafen von Thiessow; erst am letzten Tag verholen wir mit Hilfe von anderen Seglern auf einen Platz mit ablandigem Wind, viel angenehmer.
Drei Tage später gehen wir nach Lauterbach, wo ich mich zum Kranen des Sturmvogel angemeldet habe. Das klappt dann auch gut und ein Bootsbaumeister der örtlichen Werft schaut mit mir den Kiel, den Rumpf und das Ruder an: wir finden keine größeren Schäden. Natürlich ist die Farbe und ein Teil der Beschichtung am Kiel verschwunden, aber nichts größeres, was ich nicht selber im Winterlager machen könnte. Mir fällt ein Stein vom Herzen.
Mit dem Zug fahren wir die zwei Stationen von Lauterbach nach Putbus, wo einst die adlige Familie derer zu Putbus einen runden Platz mit entsprechender Bebauung, ein Schloß mit Garten und Orangerie hat anlegen lassen. Unglaublich nach den eher bäuerlich geprägten Orten sonst auf Rügen.
Am Abend laufen wir die 2,5 km nach Vilmnitz, wo wir in der Kirche ein wunderbares und außergewöhnliches Cello Konzert mit Christina Meißner erleben. Experimentelle, noch nie gehörte Klänge, nichts improvisiert sondern alles notiert. Da Heide die Musikerin kennt, laden wir sie auf ein Glas auf den Sturmvogel ein; ein interessantes Gespräch entspinnt sich.
Dann der erste größere Schlag bei leichter Brise von halb bis achtern: 21 Seemeilen nach Stralsund. Schon Tags darauf legen wir ab nach Hiddensee. Dabei erwischt uns heftiger Regen und ein Gewitter. Wir können nicht segeln, denn der Wind kommt fast genau von vorne. Die Tonnen in dem engen Fahrwasser kann ich gerade noch ausmachen; wir gelangen sicher in den schönen Hafen Kloster auf dieser kulturvollen Insel.
Fast eine Woche sind wir nun auf der Insel und haben täglich Lesungen (Ute Fritsch über Hans Fallada, Arno Geiger stellt sein neues Buch vor), Konzert (Orgelmusik: Bach - Goldbergvariationen in der Inselkirche) Figurentheater (Karl Huck mit der Schatzinsel – im Homunkulus). Natürlich eine längere Wanderung auf den Dornbusch und zum Klausner und mehrere Bäder bei sehr unterschiedlichem Wetter und verschiedenen Wasserqualitäten, von brühig ruhig bis klar, kühl und bewegt.
Wir werden wohl noch ein paar Tage bleiben und dann die Rückreise, wieder über Stralsund, den Greifswalder Bodden und dann den Peenestrom und das Oderhaff antreten.
Herzliche Grüße an alle von
Ralf