Wir segeln am Freitag, 14. Juli, bei leichtem Wind und zunächst drei Knoten Fahrt, später bei bis zu 6,5 Knoten, zum Falsterbo-Kanal an der Südwestecke Schwedens. 55 Seemeilen in 10 Stunden bei moderat bewegter See legen wir zurück; der Sturmvogel zeigt was in ihm steckt! Die Brückenöffnung und Durchfahrt schaffen wir um 19 Uhr, und für die Nacht legen wir in Höllviken an, dem Segelverein gleich hinter der Brücke. Wie wir später erfahren, gibt es kostenlos Fahrräder zu leihen, um damit z.B. nach Trelleborg zu radeln (15 km). Ein Plus für den Hafen, wenn man hier mehr Zeit verbringen möchte.
Ohne Wind motoren wir am Samstag 15 sm - durch den Öresund und unter der Brücke durch - nach Malmö, in die innerstädtische Dockan Marina – mitten in einem schicken, modernen Wohngebiet. Geradezu haben wir den Blick auf den Turning Torso, einem Wahrzeichen von Malmö. Riesige Segel- und Motoryachten liegen hier, aber wir sind nicht das einzige Boot unter 12 m. 250 SKr kostet die Nacht, inklusive Elutag, Dusch und Cycles. Erstaunlich wie ruhig es hier ist, abends ist nur das Gekreische der Möwen zu hören, das von den abwechslungsreich gestalteten Fassaden zurückschallt.
Bei schönem und endlich warmem Wetter lassen wir uns durch die quirlige Altstadt treiben. Es ist Sommer in der Stadt! Wir suchen einen Geldautomaten, damit wir schwedische Kronen in der Hand haben und ein Eis oder Kaffee bezahlen können. Etwas abseits des Trubels am Lille Torg, wo die Einheimischen draußen auf den Terrassen bei einem Glas Wein sitzen, finden wir eine Kaffeerösterei mit Hofgarten. Hier gibt es köstlichen Cappuccino und leckeren Kuchen (für 13,90 SKr = 15 €), aber unser Bargeld wird von der jungen Bedienung freundlich abgelehnt. 'Sorry, we accept only cards, no cash.' In Schweden wird die Abschaffung von Bargeld vorangetrieben, selbst für kleine Beträge wird die Karte gezückt. Wir sind 'oldschool' und können uns ein Leben ohne Bares kaum vorstellen. Was kann ich dem Straßenmusiker geben, wie die Kerze bezahlen, die ich in der Kirche anzünden will?
Am Sonntagmorgen erledigen wir am fast regenfreien Vormittag unseren Lebensmittel-Einkauf mit den kostenlosen Dockan-Fahrrädern. Im ICA Supermarkt können wir noch bar bezahlen. Mittags setzt wie vorhergesagt Dauerregen ein. Sturmvogels Deck und Cockpit wird endlich gewaschen, unterstützt durch den Skipper und Wasserschlauch. Aber an eine Radtour zum Moderna Museet ist nicht zu denken, zu windig, zu nass, zu ungemütlich. Leider funktioniert das Wifi-Netz der Marina nicht – so können wir keine Emails schreiben oder lesen. Der Skipper macht sich auf zum Bahnhof, dort gibt es Wi-Fi Empfang und vielleicht Neuigkeiten zum Wetter?
Am Montag starten wir erwartungsvoll mit Ziel Ven, einer hübschen Insel im Öresund, nur 24 sm von Malmö entfernt. Wir müssen bei W-NW Wind hoch an den Wind, aber können unser Ziel nicht anliegen (ansteuern) sondern müssen aufkreuzen. Zusätzlich setzt im Öresund 1 bis 1½ kn Strom, die wir zusätzlich aussegeln müssen, und es steht bei 5 bis 6 Bft eine unangenehme Hacksee, in die der Sturmvogel hart einsetzt. Alles andere als Vergnügen. Nach 15 gesegelten Meilen geben wir auf und gehen in den kleinen Hafen Barsebäckshamn. Hier finden wir einen gegen den starken Westwind geschützten Liegeplatz.
Es gibt ein Restaurant und eine Eisdiele, doch keine weiteren Versorgungsmöglichkeiten. Das Internet ist „weak“ – wieder gibt es keinen Wi-Fi-Empfang. Wie vor Jahren – also „oldschool“ - hören wir das schwedische 'Kustvädder' auf UKW Funk ab und nehmen es mit dem Kassettenrecorder für eine Übersetzung auf.
Dieser Wetterbericht erweist sich als genau und zutreffend. Die schwer hängenden Wolken bleiben am nächsten Tag, der Wind flaut erst langsam gegen Abend ab, und wir bewegen uns ein wenig zu Fuß entlang der Küste.
Am Mittwoch (19.7.) können wir bei leichtem Südost segeln: den Öresund Richtung Norden unter Spinnaker, der zum ersten Mal mit dem Bergeschlauch gefahren wird. Fast bis nach Helsingör dauert das Vergnügen, bis der Wind nachlässt . Wir segeln weiter unter Groß und Genua zum Hafen Hornbaek. Hoffnungsvoll biegen wir in den kleinen, dafür übervollen Hafen ein, und müssen nach einem Wendemanöver in einer nur 10 m engen Boxengasse feststellen, dass kein Platz für den Sturmvogel frei ist. Enttäuschung! Am Strand tummeln sich die Menschenmassen, kein Wunder: Heute ist mal wieder einen Tag lang Sommer!
So müssen wir eine Stunde die 5 Seemeilen weiter bis Gilleleje motoren. Achterlicher Wind verstärkt den unangenehm giftigen Abgasgestank des Motors, Ruß quillt aus dem Motorraum und dem Lüfterschlitz. Beunruhigend!
Auch im schon vollen Hafen von Gilleleje kreisen etliche Boote, um einen Liegeplatz zu finden. Der Skipper entschließt sich für den allererstbesten am Kopf eines Quersteges hinter zwei riesigen Motorbooten, die uns später mit ihren stinkenden Abgasen einnebeln. Auf den Stegen hinter der Mole tobt das dänische Seglerleben: die Grills werden angeheizt, Fleisch und Fisch aufgelegt, an Tischen mit Bänken wird getafelt. Verwirrend für die Crew, sich nach dem letzten ruhigen Hafen in diesem Gewimmel zurecht zu finden. Der Weg zum Hafenkontor und den Toiletten ist lang, es ist heiß, die Sonne brennt aufs Gemüt. Dazu die Ungewissheit, was mit dem Motor bzw. Auspuffsystem nicht stimmt. Das muss überprüft und sicher auch repariert werden. Aber erstmal dänisches Geld aus dem Automaten ziehen, ein Eis für jeden (zwei Kugeln 35 DKK = 5 €) zur Besänftigung für die Crew, ein kurzes kaltes Bad in der See zur Abkühlung.
Ganz früh am Donnerstagmorgen verholen wir uns in eine frei gewordene Box. Das Wetter ist noch warm, der Himmel eher bedeckt. Der Skipper will in Ruhe in den Motorraum abtauchen. Das Ergebnis: Unterhalb des Flexrohres ist der Auspuff fast durchkorridiert. Das Teil wird ausgebaut und zur Motorenwerkstatt gebracht, aber weil kaum noch Material vorhanden ist, kann es nicht geschweißt werden. Der Bordingenieur erhält dort zwei starke Schlauchschellen und Dichtungsmaterial, mit diesem kann er eine befriedigende Improvisationsreparatur leisten. Nun ist alles wieder dicht, bis Berlin - hoffen wir mal.
C. erkundet in der Zwischenzeit den Ort. Eigentlich ist es außerhalb des Hafens ganz hübsch hier. Typische, dänische Häuschen nicht nur mit Rosen in den Vorgärten, ein Heimatmuseum mit Garten-Café am Wochenende, ein großes modernes Kulturzentrum, eine kurze Einkaufsstraße, mehrere Supermärkte, Cafés, Restaurants, ein bewachter Strand (nicht so einladend wie an „unserer“ Ostsee). Es gibt mindestens drei Fischläden und in einem werden Schollen für unser Abendessen gekauft. Natürlich sehr frisch und lecker.
Wie es weitergehen soll oder kann, ist uns nicht klar. In der Nacht zum Freitag regnet es heftig und ausdauernd, am Samstagmorgen ist es weiter regnerisch. Die Wetteraussichten versprechen keine eindeutige Besserung, sondern wieder viel Wind – aus Ost oder West? Können, wollen wir Sjaeland rund machen?
Update aus Helsingör, 23. Juli
Sjaeland rund - das haben wir uns abgeschminkt, zu unbeständig ist das Wetter, viel Regen wird vorhergesagt – nichts für uns Schönwettersegler. Am Samstag, 22.Juli, verlassen wir Gilleleje mit dem Ziel, in Helsingör oder weiter südlich im Öresund, einen Hafen anzulaufen. Wir laufen unter Motor, dicht unter der Küste mit einem Knoten Strom von vorn. Leider fängt der Motor wieder an zu stinken und nach 7 Meilen werden lieber Segel gesetzt, um die letzten 5 Seemeilen aufzukreuzen. Das läuft gut – 6 Knoten Fahrt durchs Wasser bei 5 Bft Ostwind. Doch als wir unseren Kurs auf dem Laptop (unserem Plotter) nachvoll-ziehen, sieht das gar nicht gut aus:
Wir segeln gegen einen Strom von 2,5 Knoten und kommen fast wieder dort an, wo wir mit Aufkreuzen gestartet sind. 5,6 gesegelte Meilen bringen uns gerade mal 1,6 Meilen näher zum Ziel. Noch zwei weitere Wenden, und dann wird doch der Motor trotz Abgasgestank für die restlichen 2 Meilen zum Nordhafen Helsingörs angeworfen. Sogleich nach dem Anlegen und Bezahlen des Hafengeldes verholt sich der Skipper wieder in den Motorraum. Mit etwas Steinwollegewebe und zwei weiteren Schlauchschellen will er seine Improvisation am Abgasrohr verbessern. Jetzt soll er hoffentlich dicht sein, der Auspuff.
Sonntag, 23. Juli: Nach einer windigen Nacht mit einem Orchester aus singenden, klappernden und pfeifenden Masten und Stagen, findet der Skipper einen ruhigeren Liegeplatz und der Sturmvogel wird verholt. Hier können wir blaue Flecken von Himmel mit etwas Sonne im Cockpit genießen. Ein Spaziergang führt uns durch die sonntägliche Altstadt von Helsingör, durch die 'Kulturwaerft' und einen Streetfoodmarket im Trockenen. Gerade eben zurück an Bord, pladdert der vorhergesagte Regen mit heftigen Böen aufs Deck und wird mit Kaffee und leckerer Torte in der trockenen Kajüte abgewettert.