Unsere letzten Tage auf Tonga gestalteten sich etwas ungemütlich, denn eine große Front, die starke Böen, eine Winddrehung um 360 Grad und Regen mit sich brachte, zog über uns hinweg. Leider konnten wir auch nicht an einer der sicheren Moorings liegen bleiben, denn diese waren für Charterboote reserviert, die alle zurückbeordert wurden, was wir zuvor nicht wussten. So mussten wir uns nach einem sicheren Ankerplatz umgucken. Da die Ankertiefen nach kurzer Zeit auf 30 m abfallen, ist es sowieso schwierig, einen geeigneten Ankerplatz zu finden. Dazu kommt noch, dass es nur eine flache Sandschicht über Korallenplatten gibt. Letztlich ging mal wieder alles gut, nächtliche Ankerwache und mehrmaliges Verlegen bewahrten uns vor Schlimmerem und zum Glück hatte sich unsere Ankerkette zwar um etliche Korallenstöcke geschlungen, aber wir haben den Anker immer wieder hochbekommen.
Tonga besticht durch sehr freundliche und meist zurückhaltende Menschen. Der Durchschnittsverdienst beträgt 5000 Dollar im Jahr. Deshalb hält jede Familie ihr Hausschwein und versorgt sich, so weit es geht, selbst mit Obst und Gemüse. Alles, was man einkauft, ist trotzdem relativ teuer, selbst einheimische Produkte. So kostet 1 kg Bananen 4 Dollar, eine Rolle Toilettenpapier 1 Dollar, eine Büchse Bier 2 Dollar. Trotzdem gibt es viele dicke Menschen und es wird oft an das Gesundheitsbewusstsein appelliert und für Abspeckprogramme geworben. Selbst der vorhergehende König hat sich einer Diät unterzogen und 70 kg abgenommen, um bei 140 kg zu landen.
Nach dem Tief, das über uns hinweggezogen war, fanden wir ein gutes Wetterfenster, um nach Neukaledonien (ca. 1200 sm) zu segeln. Da wir reichlich Wind aus allen Richtungen hatten, waren wir bereits nach 9 Tagen vor Ort. Da der Wind teilweise vorlich kam, konnten wir am Schluss Noumea nicht mehr anliegen und versuchten zu kreuzen. Leider hatten wir solch eine starke Gegenströmung, dass wir statt 280 Grad nach der Wende nach Osten gesegelt sind. Das wollten wir dann doch nicht und so mogelten wir uns mit Motorunterstützung voran. Die Folge der ungünstigen Verhältnisse war leider, dass wir mal wieder nachts einlaufen mussten. Neukaledonien ist komplett von einem großen Riff umgeben, so dass wir nachts durch die ca. 0,3 sm breite Passage fahren mussten. Dies war nur möglich, weil alles gut befeuert ist. Durch die Riff-Passage führt eine Peilung, die trotz des hohen Seegangs gut auszumachen war, und wenn man im Riff ist, führt ein 12 sm langer, gut befeuerter Korridor quer durch das Innenriff nach Noumea. Erleichtert wurde das Ganze auch dadurch, dass wir fast Vollmond hatten. Nachts um 2.30 Uhr fiel unser Anker in einer Bucht, in der tausende von Booten ankern.
Am nächsten Tag startete die Einklarierung. Man kann für kurze Zeit in einer Marina festmachen (Luxus) und in Ruhe einklarieren. D.h. man meldet sich bei der Marina an, füllt mehrere Seiten Zollformulare aus, wartet auf die Biosecurity und geht zur Immigration. Die Überprüfung unserer Lebensmittelbestände ergab, dass Claudia eine kleine Gurke in unserem Kühlschrank übersehen hatte. Man darf nämlich nichts Frisches einführen. Wir haben alles Frische verbraucht (Obst, Gemüse, Brot, Eier) . Die Zwiebeln hatten wir zuvor gepellt, so dass sie keine Erdanhaftungen mehr hatten, was genauestens überprüft wurde.
Das wahre Abenteuer startete am nächsten Tag, an dem wir begannen, in einem speziellen Büro unsere australischen Visa für ein Jahr zu beantragen. Da will man wirklich alles wissen inklusive Bankauskunft, Namen und Adressen von Eltern und Geschwistern usw. Das Ganze soll ungefähr 3-4 Wochen dauern. Dafür können uns alle schon mal die Daumen drücken.
Noumea ist eine größere Stadt mit tollen französischen Supermärkten und einer umwerfenden Boulangerie an der anderen. Aber leider ist es auch hier teuer. Was wirklich erstaunt ist aber, dass
1 kg lokale Bananen 8 Dollar kosten.
Es gibt herrliche Ankerplätze, hier in Noumea ist das Ankern aber z.T. etwas schwierig, weil so viele Boote hier liegen und der Platz begrenzt ist. Außerdem bläst es ordentlich, gestern mit 40 kn.
Ob Claudia sich ins Wasser traut, weiß man noch nicht, denn die erste der vielen Wasserschlangen, die es hier gibt, wurde bereits im dreckigen Hafenbecken der Marina gesichtet. Wasserschlangen sind hochgiftig. Die großen Exemplare, die teilweise amphibisch leben, können Menschen beißen. Ihr Gift ist zehnmal stärker als das einer Kobra. Angeblich beißen die Wasserschlangen nicht, wenn man nicht gerade mit ihnen spielen will. Aber ein unangenehmes Gefühl ist es trotzdem.
Hier vertreiben wir uns nun die Tage mit einigen Arztbesuchen, kleineren Reparaturen und ab der nächsten Woche dann sicherlich auch mit Sightseeing. Die Insel ist wirklich wunderschön. Neukaledonien verfügt über ein Riff, das nahezu die Ausdehnung des Great Barrier Reefs in Australien hat. Die Inselgruppe gehört zu Melanesien, d.h. die einheimische Bevölkerung hat eine dunkle Haut und nennt sich selbst „Kanak“. Es gibt zwar Unabhängigkeitsbestrebungen, aber im letzten Jahr hat man sich in einer Volksabstimmung mit 56 % für einen Verbleib bei Frankreich und gegen die Unabhängigkeit entschieden.
Hier haben wir nun wieder einmal deutsche Segler getroffen und plauschen hin und wieder auf Deutsch, was auch mal ganz nett ist. Abends ist es jetzt recht frisch. Wir tragen lange Hosen und Fleecejacken. Die Wassertemperatur beträgt nur noch 23 Grad und am Tage ist es 25-28 Grad warm. Da sind wir doch ganz anderes gewohnt.
Ende Oktober wollen oder müssen wir auf 30 Grad Süd sein, denn ab 1. November startet offiziell die Wirbelsturmsaison. Wir hoffen, dass wir dafür ein gutes Wetterfenster erwischen. Drückt uns die Daumen.
Viele Grüße und ein fröhliches Aufslippen
Die Crew der Hie-Jo, z.Zt. Noumea, Neukaledonien