Helga Cup 2024 vom 6. bis 9. Juni in Hamburg: 17 Frauen und ein Mann

Segeln auf der Sonnenseite der Havel
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So sah die diesjährige Delegation des SVSt zur Frauenregatta HelgaCup in Hamburg aus. Unerwartet hatten die Teilnehmerinnen dieses Jahr den Luxus eines „Backoffice“ – Melanie Cobau kümmerte sich im NRV-Hafen an der Außenalster aus dem Liegestuhl heraus um alle Detailfragen und Verpflegung. Frank Cobau sollte eigentlich nur eines der Boote zurück nach Berlin trailern, wurde aber sofort weiterer Verwendungen zugeführt. Dazu später mehr. 

Die anderen 16 segelten. Vier Teams, davon zwei komplett aus SVSt-Frauen. Für die meisten in der Crew „Berolina“ war es die erste Teilnahme, die „Charlotten“ hatten vergangenes Jahr erste Erfahrungen gesammelt. „Quadriga Sailing Team“ (Melanie Aalburg) sowie „Die Fiven“ (Helen Fischer) haben mit ihren jeweiligen Crews aus anderen Vereinen schon mehrfach mitgemacht. 

Und dann gab es eigentlich noch eine weitere Teilnehmerin, sie segelte den Helga Cup vom Sofa aus: Claudia Böhm (Berolina) hatte sich bei einem der letzten Trainings das Handgelenk gebrochen. Aus für den Helga Cup. Glücklicherweise hatte das Team mit Caroline eine Ersatzfrau. 

Claudia also auf dem Sofa. Für alle anderen hieß es: zuerst in den Norddeutschen Regattaverein (NRV) zum Check-In. Abends in den Hamburger Segelclub (HSC) zum Regelabend. 

Am nächsten Morgen dann wieder im NRV ging es mit der Vorstellung der Wettfahrtleitung und der Jury, des Beach-Masters usw. los. Nach der Steuerfrauen-Besprechung konnten die Charlotten dann auch gleich aufs Wasser, sie waren in der 2. Wettfahrt dran. 

Das müssen die Teilnehmerinnen erst mal den Pairinglisten entnehmen.

Das Geheimnis der Pairinglisten

Hier kommt Melanie C. ins Spiel. Als Seglerin fiel sie wegen einer Fuß-OP aus, fuhr aber trotzdem mit. Ganz pragmatisch hat sie Regelbuch, Verbandstasche und Schmerzmittel eingepackt, dazu Windmesser und Fernglas und eine Portion Optimismus. Und dann kam die Sache mit den Pairinglisten. 

Die Teams (62 waren es dieses Jahr) segeln in Kurzwettfahrten gegeneinander. 10 Flights waren geplant, jeweils mit 20 Rennen. Nach zwei Rennen werden die Boote gewechselt. Das alles steht in den Pairinglisten. Über alle Wettfahrten der Teams Charlotten und Berolinas führte Melanie Buch: also los, Charlotten! Wettfahrt zwei und 21! Später wurde es detaillierter: ihr übernehmt Boot 9 von den Südseeperlen, das kommt zurück aus Wettfahrt 58. Eine große Hilfe für die Teams. 

Die Alsterwinde sind ungefähr so tückisch wie die Havelwinde, viele Böen, viele Dreher, viele Ablenkungen. Herausforderung für die Wettfahrtleitung und die Seglerinnen. Die Charlotten mussten, da im zweiten Rennen, in den HSC shuttlen und dort ein Boot aufbauen. 

Die anderen hatten mehr Glück und konnten die Boote am Steg übernehmen. 2 Minuten Zeit bleibt jeweils, um das Boot auf Schäden zu checken, und das, während man versucht, unter Segeln im Getümmel bei auflandigem Wind abzulegen. „Das war ein Highlight“, fand Caroline: „zu sehen, wie die Teams die Boote wechselten, alles musste schnell gehen, es wurden Hände gereicht und J70s wieder vom Steg abgeschoben.“  Überhaupt geht es trotz aller Konkurrenz sehr solidarisch und fair zu. 

Während für Charlotten und Berolinas der Helga Cup unter der Überschrift „Lernen und Spaß haben“ steht, geht es bei Quadriga und Fiven deutlich strategischer zu: Melanie ging noch spät am Abend mit ihrem Team theoretisch die Aufgaben auf den verschiedenen Positionen durch. Trotzdem gab es im ersten Rennen Abstimmungsfehler beim Gennaker down, aber das wurde schnell ausgebügelt. „Unsere Stärke ist die funktionierende Kommunikation und die Ruhe an Bord“, sagt Melanie. Das hat sicher auch zu einem  besonderen Erfolg beigetragen: trotz Frühstart als erste durchs Ziel. Nach Bereinigung das Feld von hinten aufgerollt, und auf dem letzten downwind mit Gennaker und Fock an allen vorbei und mit großem Abstand als erste über die Zielline. „Sehr cool“, fand auch Melanie selbst. Bei manchen Entscheidungen ging es nur um Zentimeter. 

Helen und ihr ihr Team aus bayerischen und Hamburger Seglerinnen blieb ziemlich für sich. Sie schienen stets mehr mit dem Kartenspiel „Heul doch“ beschäftigt zu sein, als mit dem Segeltrubel. Sehr unprätentiös kamen sie daher: ihre schlichten, einheitlich gestreiften T-Shirts über den normalen Segelklamotten ein schöner Kontrast zu einigen anderen, hochgestylten, sonnenbrillenbewehrten Teams im Kopf-bis-Fuß-Markenoutfit. Die Fiven (abgeleitet von der Bootsklasse 505)  haben nicht zwischen den Wettfahrten, sondern auf dem Wasser gezeigt, was Sache ist: sechs 1. Plätze und zwei 2. Plätze, und damit qualifiziert fürs Finale der besten zehn. 

Ziemlich am anderen Ende des Feldes spielte sich die ganze Geschichte für die Charlotten ab. Nach zwei komplett vergeigten ersten Wettfahrten ging es erst mal bergauf: ein dritter und ein vierter Platz in den nächsten Wettfahrten. Die Gennaker-Manöver klappten deutlich besser, und wenn Steuerfrau Anja nicht auf dem letzten Downwind Gate und Ziel verwechselt hätte, wären zwei dritte Plätze drin gewesen. „Aber wir haben es doch gesagt“, kam es leicht verzweifelt von Britt und Michaela. Auch das gehört dazu: Fehler machen, abhaken, weiter segeln. Analysieren und bestenfalls draus lernen kann man später. 

Livestream und Tracking 

Zum Beispiel mit dem Tracking: alle Wettfahrten lassen sich am Bildschirm in Echtzeit als Track mitverfolgen. Bereitgestellt wird das von SAP. Melanie C. versuchte so den Überblick über „ihre“ Teams zu behalten, Claudia genoss das Tracking mit Eisbeutel auf der einen und Aperol in der anderen Hand. „Keine taktische Fehlentscheidung, keine überzeugende Variante, die gewählt wird, bleibt verborgen“, sagte Claudia später. Sie findet, es ist die beste Möglichkeit, alles genauestens mit zu erleben. Nur eines bedauert sie: „Man kann nicht zurufen ‚haltet Kurs, ihr kommt vorbei‘ oder ‚ihr seid schon längst über die Layline‘ oder ‚die linke Seite ist bevorteilt‘“. Und auch Anke meldet aus Berlin: „Der Tracker ist nichts für schwache Nerven!“

Mit dem Tracking können die Charlotten auch noch mal nachverfolgen, wie sich ihre beiden Sonnenschüsse unter Gennakerals Kurslinie darstellen. Halsen bei starkem, böigen Wind ist durchaus eine Herausforderung, und wenn der Gennaker erst mal flach auf dem Wasser liegt, wird’s schwierig. „Gleich geh ich über Bord“, dachte jedenfalls Anja am Ruder. Tat sie dann doch nicht. Aber viel zum Festhalten ist da nicht. 
Ein kleiner Trost: Silke Basedow von NRV (Bundesliga-Seglerin und mehrfache Helgacup-Gewinnerin) meinte: „Das passiert uns in der Bundesliga auch bei solchen Bedingungen.“ Noch auf dem Wasser, nach Ende der Wettfahrt, gab sie dann gleich Tipps, wie es besser geht. Denn beim Helga Cup gibt es nicht nur Repair Teams auf dem Wasser, sondern auch Coaches: ausdrücklich soll es eine Regatta für Jederfrau sein, Anfängerinnen ebenso wie Top-Seglerinnen. Deshalb sind Silke und andere Coaches bei jeder Wettfahrt mit dem Motorboot dabei, beobachten, loben, bestärken, kritisieren – und erklären. Auch die Jury erklärt bei Bedarf Regeln und Entscheidungen. 

Zurück zu unkomfortablen Situationen für Steuerfrauen: Dass es sich im Liegen nicht so ganz gut steuert, stellte Susanne bei den Berolinasfest: in einer der letzten Wettfahrten waren sie ganz gut weg gekommen, doch an der Luvtonne fehlte ein Stückchen. Der Wind drehte ungnädig, Wende auf den „falschen“, also Steuerbord-Bug, die anderen kamen auf Backbord angerauscht, es wurde eng, es wurde hektisch, Susanne verlor den Halt und steuerte notgedrungen liegend. Jedenfalls folgte ein Protest eines anderen Bootes. Die Proteste werden sofort auf dem Wasser entschieden, also segelten die Berolinas einen Kringel. Trotzdem schafften sie es noch auf den vierten Platz in der Wettfahrt. 

Nachdem sie bei anderen Teams die Sonnenschüsse beobachtete hatten, zogen sie am letzten Tag im vorletzten Rennen den Gennakernicht mehr. Eine kluge Entscheidung. Für die letzten Wettfahrten wurde dann am Startschiff die Flagge „Whiskey“ gesetzt, und das hieß: Gennaker nicht mehr erlaubt, zu sehr hatte der Wind zugenommen. 

Helen im Finale der besten Zehn

Den zehn Teams die das Finale aussegelten, war der Gennaker dann wieder erlaubt. Helen ging als Dritte der Rangliste ins Finale, lag lange auf Silberkurs und wurde am Ende dann Fünfte, umjubelt an der Ziellinie vor dem NRV. Melanie war in der Gesamtwertung 22. und damit viertbeste der Berliner Teams. Die waren in Rekordstärke vertreten, mit Crews von ASV, BYC, VSaW, CNFT und eben SVSt. Berolinas und Charlotten landeten im hinteren Viertel des Gesamtfeldes, erreichten aber auch ihre Ziele: unfallfrei, ohne Kollisionen und mit viel Spaß. Als Teams sind sie zusammengewachsen, jedes Team für sich, aber auch die Teams miteinander. Dazu hat sich der Kontakt zu anderen Seglerinnen noch mal intensiviert: weitere Events (in Berlin) sind geplant, Einladungen zu Regatten (beispielsweise in der Schweiz) ausgesprochen, und Handynummern mit den Crews aus Übersee ausgetauscht. Helga Cup ist nicht nur Segeln, es ist auch und ganz viel Netzwerken. 

Nicht zuletzt dafür hat Melanie Aalburg den „Spirit of Helga Cup Award“ des Float-Magazins bekommen. ((HIER LINK EINFÜGENzum Artikel auf der Homepage)) Empowerment von Frauen im Segelsport – auf allen Ebenen. Das trägt Melanie seit Jahren in den SVSt. 

Fast allein unter Frauen

Von Frank Cobau haben die Teams nicht allzu viel gesehen, er hat die Frauenregatta auf seine Weise bestritten. Eigentlich sollte er nur eines der gestellten Boote zurück nach Berlin bringen. Doch dann half er am ersten Morgen ungefragt beim Setzen verschiedener Flaggen und Banner. „Sag mal, kannst du eigentlich Motorboot fahren“, fragte einer vom NRV, und so führte eins zum anderen: Frank verbrachte einen Tag weitgehend auf einem der Motorboote und shuttlete Seglerinnen, einen Tag war er auf dem Startschiff eingebunden, und am Schluss hat er dann tatsächlich wie geplant ein Boot nach Berlin gezogen und im VSaW abgeliefert. 

Die Teams:

Berolina: Susanne Hofmann (Steuer), Caroline Wahlburg (Gennaker), Eva Samland (Vorschot), Edith Dany (Vorschiff) – alle SVSt

Charlotten: Anja Köhler, Britt Schaffranietz, Michaela Ibach, Angelika Schneider – alle SVSt

Die Fiven: Helen Fischer (SVSt), Christina Wilhelm (Herrschinger SC), Hanne Jansch, Wiebke Gewinn (beide Mühlenberger SC)

Quadriga Sailing Team: Melanie Aalburg (SVSt), Bettina Dittemer(SC Ahoi), Antonia Schätz Ammerlander SC), Birgit Deininger-Kabisch (SC Ahoi)

 

[© Fotos: SVSt/privat, Sven Jürgensen/Lars Wehrmann]