Man könnte meinen, das ist sie als Segelboot auch am Stößensee – nur gebaut wurde sie für rauere Reviere.
Nur … dass es gleich so rau werden würde, das hatte keiner von uns gedacht.
Von vorne:
Im Winter gedeihte die Idee: „Mit der J/24 zur Kieler Woche, der größten Segelveranstaltung weltweit – das wäre doch was!“
Schnell war eine Crew gefunden, die Übernachtung reserviert und die Highfive in der Meldeliste für die „KiWo“. Der Aufwand dazwischen wurde jedoch genauso schnell unterschätzt: Training, Bootstuning mit GfK- und Gelcoat-Arbeiten, Planung, Revierinformationen, Seekarte, Abläufe und nicht zuletzt gemeinsames Training. Dann noch das erste Mal die Jay verladen und mit zwei Tonnen im Gepäck nach Kiel fahren – alles will irgendwie organisiert und gemacht sein.
In Schilksee angekommen, war die Vorarbeit komplett vergessen. Bestes Segelwetter, Olympiahafen, Regattastimmung, Segler ohne Ende, unzählige Jollen im Hafenvorfeld oder gerade am Slippen, Segel- und Partystimmung – einfach nur Schilksee. Und etwas Aufregung – was wird uns erwarten?
Langsam kamen auch die anderen J/24 dazu – 18 an der Zahl. Zudem noch viele J/70, die im selben Hafenbereich recht chaotisch irgendwie festmachen mussten. Dennoch: ein toller Anblick, die vielen weißen Boote, alle irgendwie noch am Vorbereiten, denn morgen (am Donnerstag) soll es losgehen.
Donnerstag ging es noch ruhig los. Nach der Steuerleutebesprechung um 9:30 Uhr war noch genug Zeit bis „Delta“, der Erlaubnis zum Auslaufen um 11:15 Uhr. 13:00 Uhr: erster Start. Herrliches Segelwetter erwartet uns … und Wind … viel Wind. Dass dieser uns die nächsten vier Tage begleiten sollte, das hätten wir da noch nicht gedacht.
Die Startlinie war lang genug, die Wellen dafür auch – beziehungsweise ungewohnt hoch. Da muss man doch gleich ganz anders starten. Und um uns herum die „Profis“, die die Jay schon jahrelang segeln. Wir haben uns trotzdem nicht einschüchtern lassen. Start – und los geht’s: ab auf die Kante, ab auf die Kreuz. Nur – wohin? Keine Luvtonne zu sehen, die ist zu weit weg. Okay, die Windrichtung ist klar, der Kompasskurs zur Luvtonne auch, und im Zweifelsfall einfach den anderen nach (und dennoch ein paar Boote hinter uns lassen). Irgendwann tauchte sie auf am Horizont, noch ein wenig die richtige Wendetaktik gesucht, auf zur Layline und rum um die Luvtonne.
Und nun? Bei dem heftigen Wind Spi setzen? Was machen denn die anderen? Natürlich Spi setzen. Also wir auch. Mit fünf bis sechs Bft im Rücken runter Richtung Gate – yeah! Ein ganz neues Segelgefühl. Die Welle kommt, hebt das Schiff, einmal pumpen ist erlaubt, und im Surf runter die Welle. Das ist ja schön. Aber nun halsen? Wir haben es doch geübt – das muss gehen. Ging dann irgendwie auch. Genauso wie das rechtzeitige Runternehmen des Spis für die zweite Kreuz.
Und das Ganze von vorne. Und immer der Blick zu unserer „Peer Group“, den Booten, von denen wir wussten: Die könnten wir potenziell schlagen. Manchmal waren sie hinter uns, manchmal vor uns. Aber am Ende des Wettfahrttages stehen wir da, wo wir mindestens stehen wollten. Unsere Regatta ist eine eigene – „die Profis“ vor uns, die anderen möglichst hinter uns.
Freitag: früh aufstehen, Urlaub ist was anderes. Um halb neun am Boot sein, segelfertig machen, auf „Delta“ achten, aus dem Hafen segeln (oder motoren) – und das mit hunderten anderen Booten (J/24, J/70 und dazwischen noch viele, viele ILCA). Leicht chaotisch im Hafen, aber machbar.
Nun geht’s erst mal eine knappe Stunde bis zur Bahn Lima – unserer Bahn, fast draußen am Leuchtturm Kiel. 13:00 Uhr ist Start, drei Wettfahrten sind angesetzt, jeweils ca. 45 Minuten. Das hat die Wettfahrtleitung immer super hinbekommen – wenn auch angesichts des Windes, der weiter zugenommen hat, ab und zu eine Bahnverkürzung notwendig war.
Heißt auch: wieder so viel Wind, wieder pure Action, pure Leidenschaft. Wieder die Entscheidung: Spi – ja oder nein? Wieder wir – wir wollen wenigstens ein paar Schiffe hinter uns lassen. Und am Abend wieder der Blick in die Ergebnisliste: Geschafft!
Das sollte der (Segel-)Rhythmus der KiWo-Tage bleiben. Jeden Tag Wind und Welle ohne Ende (5–6 Bft, Böen 7 bis 8 Bft), jeden Tag Segelspaß pur, jeden Tag die neue Herausforderung – und auch jeden Tag die Frage, ob der eigene körperliche Trainingszustand das noch mitmacht.
Alle und alles hat bis zum Ende durchgehalten: die Crew, das Boot, der Wind, die Welle, der Spaß – und unser eigener Regattaerfolg.
[© Fotos: SVSt/privat]
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